
Panoramablick von den „5 Türmen“
Vor ein paar Wochen war ich mit einem Freund in den italienischen Alpen. Dort entdeckten wir eine interessante Kletterregion: Cinque torri. Eine Region, die angeblich einen Einstieg in die alpine Kletterei bieten soll. Wir haben uns dort umgesehen. An dieser Stelle möchte ich auch einen neuen Autoren für Kaffeeersatz begrüßen: Piet. Er hat unsere Erlebnisse textlich und informativ zusammengestellt:

Der Aufstieg ‐ Cinque Torri
Es kribbelt unter den Nägeln, wie ein Ameisenbasar. Wer fern ab von den Kunsttürmen der Städte des Öfteren im Elbi, Löbejün oder dem Sportklettertraum Frankenjura seine Muskeln anspannte, merkt bald, dass nur der wahre Fels das Herz ruhigstellt. Da liegt es auf der Hand auch bald den nächsten Schritt gen Alpen zu wagen. Doch wie soll der Borhaken- verwöhnte Flachland-Buam dies ohne Bergführer oder Nervenzusammenbruch bewerkstelligen? Ich berichte im Folgenden
über einen Spot der Extraklasse, der eine selbst organisierte Tour ermöglicht und sie zudem unverkennbar zum Highlight der Klettersaison 2011/12 machen könnte.
In den Ampezzaner Dolomiten (via Cortina d’Ampezzo/ Falzaregopass) stößt man nach steigungsreicher Auffahrt an der Flanke des Nuvolau zum malerisch gelegenen Cinque torri (ca. 2300m) auf. Eingeschlossen von anmutigen 3000er Massiven in allen Himmelsrichtungen, machen die „5 Türme“, die für einheimische Kletterer als Übungsfelsen in allen Schwierigkeitsgraden gelten (2-9 Grad UIAA-Skala), auf uns jedoch mächtig Eindruck. Bis zu 120m erheben sie sich über den Zustieg. Um in der alpinen Kletterei erste Züge zu wagen, bietet dieser Ort reichlich Erfahrungspotential. Scharfkantiger Fels schafft tolle Griffsicherheit und eine unendliche Auswahl an Bewegungsmöglichkeiten. Risse, Kanten, Lochkletterei und ein unbeschreibliches Höhengefühl wischen die Unruhe der langen Anreise sofort weg. Mehrseillängen-Routen regieren hier und schaffen Bigwall-Charakter, sind teilweise gut abgesichert und erlauben Einblicke ins Keile-, Affenfaust- & Friends-Legen – alles im „Machbaren“! Wer noch zu viel Respekt vor der Höhe hat, kann auf Umlenker und kurze Routen vertrauen und diese auskosten.

Die restlichen Türme
Fern ab von den Arcos Europas, wo „Cappuccino-im-Klettergurt-trinkende“ und sonstige Freizeitsportler sich gegenseitig überrennen, findet man in Cinque torri reichlich Minuten der Ruhe. Ausgesetzt zwischen Murmeltieren, die Futter suchen und vereinzelten alten Kletterhasen aus aller Welt, mit denen man das ein oder andere bildende Gespräch führt, wächst die Erkenntnis, dass keine Kunstroute der Welt das hier ersetzen kann.
Ein kleiner Geheimtip, den man garantiert nicht bereut, auch wenn man feststellen sollte, dass alpines Gelände doch noch eine Nummer zu groß ist!
Checkliste
(oder: Was man niemals vergessen sollte, wenn man in den Alpen krackseln möchte)
- Helm (Ja! Erosion schläft auch heute nicht. 2004 kippte einer der gewaltigen Türme einfach tagsüber um)
- gutes Schuhwerk
- Jacke für Wetterstürze
- Topoführer und ein erweitertes Equipment (Keile, 5+ Karabiner, Schlingen, etc.) sind essentiell

Der umgekippte Turm (etwa 20 Meter hoch)
Piet W., den 09.08.2011